24.03.-25.03.2022 / Soweit nicht anders angegeben: Medientheater, EG, Raum 0.01, Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft

Gesellschaft bauen Architektur als Medium der Demokratie in der frühen Bundesrepublik

Konzipiert und organisiert von: Hannah Wiemer und Anja Sattelmacher

Öffentliche Bauten werden für bestimmte, in Ausschreibungs- und Planungstexten meist klar definierte Zwecke und Nutzungen errichtet. Im Zuge des Wiederaufbaus deutscher Städte in der Nachkriegszeit wurde diskutiert, auf welche Weise eine Demokratie in der Architektur ihrer politischen Verfasstheit Ausdruck verleiht und wie Bauten demokratisches Denken und Handeln ermöglichen. In der BRD trafen dabei das politische Vorhaben eines Neuanfangs mit der Notwendigkeit des Wieder- und Neuaufbaus zerstörter urbaner Strukturen in besonderer Weise zusammen. In der Debatte werden einander überlagernde mediale Konstellationen erkennbar, in die die Architektur eingebunden ist. Während öffentliche Architektur häufig vor allem als Medium politischer Repräsentation betrachtet wird, kommen hier weitere, über diese Auffassung hinausgehende mediale Bedingungen zum Tragen, denen sich der Workshop widmen will. Im Zentrum unseres Interesses stehen die Medien der Architektur, also die durch die Gebäude ermöglichten vielfältigen Prozesse des Öffnens und Schließens, des Transportierens und Verweilens, des Vereinens und Trennens. Medien der Planung, der Vermessung, der infrastrukturellen Vernetzung sowie

elektronische Medien prägen diese Gebäude und ihre Nutzung. Die für die demokratischen Bauten bedeutsame Frage nach der Informationsübertragung durch Wände, Türen, Fenster, Fassaden und raumakustische Bedingungen lassen Architektur zum medialen Arrangement werden. Insbesondere erscheint der Zusammenhang zwischen Kybernetik und Architektur einer näheren Betrachtung wert: Baupläne aus den 1950ern und 60ern wurden zum Teil nach dem Vorbild kybernetischer Schaltpläne entworfen. Diese Beobachtung wirft die Frage danach auf, welche Standardisierungsprozesse am Bau genutzt wurden und welche Wechselwirkung zwischen Kybernetik, Architektur und Politik entstanden. Der Workshop will sich dabei auf öffentliche Bauten aus den Bereichen Kultur und Bildung fokussieren, da diese Gebäudeformen in besonderer Weise mit Aufgaben der Demokratiebildung belegt wurden: Museen, Theater, Bibliotheken, Schulen, Universitäten, Archive, öffentliche Plätze. Auf welche expliziten und impliziten Weisen sind Vorstellungen einer demokratischen Gesellschaft in den Bau oder die Nutzung dieser Gebäude eingegangen? Welche Medien der Architektur spielen dabei eine Rolle? Welche Medien der Architektur werden als demokratisch begriffen und inwiefern sind sie tatsächlich relevant für demokratische Praktiken? In Vorträgen und Diskussionen will der Workshop diesen Fragen nachgehen. Ein Besuch des Kulturforums mit Führung eröffnet die Möglichkeit, die Thematik des Workshops im öffentlichen Raum und in direkter Anschauung der Gebäude zu diskutieren.

Workshop: Gesellschaft bauen. Architektur als Medium der Demokratie in der frühen Bundesrepublik